Wie kommt man zu einem Pflegekind?

Dieser Frage ging die Ethikgruppe 5/6 auf den Grund, als sie sich mit dem Themenbereich „Leben in der Familie“ beschäftigte. Um Informationen aus erster Hand zu erhalten, fand im Februar ein Vortrag statt mit der Möglichkeit, offene Fragen zu stellen.

In der heutigen Zeit hat sich das traditionelle Familienleben aus den unterschiedlichsten Gründen verändert und es haben sich neue Strukturen gebildet. Wie diese aussehen können und warum es zu teils gravierenden Veränderungen gekommen ist, war Teil des Unterrichtsthemas. Eine Alternative zur Kernfamilie stellt die Pflegefamilie dar, die ein Kind auf unbestimmte Zeit bei sich aufnimmt, bis die leiblichen Eltern selbst wieder die Erziehung und Fürsorge übernehmen können. Daher ist es im Vorfeld schwierig, den zeitlichen Umfang klar festzulegen.

„Ich wollte einfach Kindern in Not helfen!“

Dieses innere Bedürfnis weckte in Margot Schindler, der Kioskbetreiberin an der GvS und Gastrednerin, die Bereitschaft und den Wunsch, sich notleidenden Kindern anzunehmen. Die Entscheidung dazu fiel gemeinsam mit ihrem Ehemann. Frau Schindler, die selbst aus einer kinderreichen Familie stammt und daher viel Erfahrung im Umgang mit Heranwachsenden hat, wurde ursprünglich durch ihre Schwester auf die Idee gebracht, mit Mädchen und Jungen zu arbeiten. Statt aber in eine gewöhnliche Kinderbetreuung einzusteigen, entschied sie sich für den Gang zum Jugendamt. Dieses ermöglichte ihr, über mehrere Wochen hinweg einen Vorbereitungskurs für künftige Pflegeeltern zu besuchen, wo sie für die Erziehungsarbeit speziell vorbereitet wurde. Denn die meisten Pflegekinder haben schwere Schicksale erlitten, etwa häusliche Gewalt, Verwahrlosung oder den Verlust der leiblichen Eltern, weshalb sie besondere Fürsorge und Verständnis brauchen. Neben dem Besuch dieses Pflegeelternkurses und der Kontrolle durch das Jugendamt konnte Frau Schindler ein Formular ausfüllen mit Wunschvorstellungen in Bezug auf das Kind, etwa Alter, Geschlecht und Haarfarbe. Selbst die Ernsthaftigkeit der Bereitschaft, als Pflegeeltern zu fungieren, wurde immer wieder durch das Jugendamt überprüft. Dieses vermittelt die Pflegekinder, kümmert sich um sie und bietet bei Bedarf Pflegehilfegespräche für die Ersatzeltern an. Da der Ernstfall oft sehr kurzfristig eintritt, ist neben Beständigkeit auch Flexibilität erforderlich.

Wichtig sei zudem der Kontakt und Erfahrungsaustausch mit anderen Pflegeeltern, die wichtige Tipps und Hilfen bieten können, sei es bei organisatorischen Angelegenheiten, bei Problemen in der Eingewöhnungsphase der Kinder oder für den Kontakt mit den leiblichen Eltern.

Frau Schindler ist seit 2007 Pflegemutter. Während der erste Junge nur ein paar Wochen in ihrem Haushalt lebte, beheimatet sie derzeit drei Kinder, wobei das älteste schon volljährig und rechtlich selbstständig ist.